Samstag, 13. Februar 2010

Film des Monats - Mein Artikel für die Kirchenzeitung

„A serious Man“ Hiob lässt grüßen!
Nach ihrem Oscar-prämierten Film „No Country for old Men“ ist mit „A serious Man“ nun der nächste Geniestreich der Regie-Brüder Joel und Ethan Coen im Kino angelaufen.
Eigentlich lebt Larry Gopnik, gespielt von Michael Stuhlbarg, ein beschauliches Leben und will niemandem etwas Böses. Er ist ein bescheidener, gerechter und gottesfürchtiger Mensch, ein liebender Ehemann, fürsorglicher Vater und erfolgreicher Professor. Aber irgendwie läuft auf einmal nichts mehr wie gewohnt. Sein geordnetes Leben wird ohne jeden ersichtlichen Grund, wie von höherer Macht gesteuert, Stück für Stück auseinander genommen. Die Plagen, die fast zeitgleich über ihn kommen, geben sich die Klinke in die Hand: Larrys Ehefrau verlangt plötzlich die Scheidung, um mit ihrem neuen Liebhaber und Freund der Familie zusammenleben zu können. Der Sohn hat Probleme beim Hebräisch-Unterricht und raucht lieber Joints als sich auf seine bevorstehende Bar-Mizwa vorzubereiten. Tochter Sarah bestiehlt ihn heimlich um sich eine Nasenkorrektur finanzieren zu können und sein psychisch labiler und spielsüchtiger Bruder nistet sich für unbefristete Zeit bei ihm auf der Wohnzimmercouch ein. Als ob ihm seine Familie nicht genügend Hiobsbotschaften bereiten würde, gerät dann auch noch Larrys Karriere ins Kreuzfeuer. Ein anonymer Briefschreiber verbreitet falsche Anschuldigungen über ihn, zudem versucht ein Student ihn zu bestechen und droht Larry zu verklagen. Das Ende seiner Karriere scheint greifbar und ebenso die Frage: „Warum ich? Ich habe doch nichts getan“.
Die Coens haben mit ihren neuesten Film die biblische Hiob-Geschichte auf ihre Art und Weise modernisiert und die Frage nach dem Leid des Unschuldigen und den Rätseln des Lebens ins Jahr 1967, in eine kleine jüdische Gemeinde im mittleren Westen der USA, verlagert. In der biblischen Geschichte schließen Gott und Satan auf dem Rücken des demütigen Hiob eine Wette ab. Doch während sich Hiob irgendwann im direkten Streitgespräch mit Gott über sein hartes Schicksal beklagen kann, bleibt für Larry nur der Gang zu den drei Rabbis seiner jüdischen Gemeinde. Wobei er sich der Hierarchie folgend, vom Hilfsrabbi langsam hocharbeiten muß. Larrys verzweifelte Suche nach seelsorglicher Unterstützung zelebrieren die Coen Brüder mit meisterhaftem Sinn fürs Kafkaeske.
Die Antworten, die Larry bei den Geistlichen findet, erweisen sich als ebenso unpersönlich wie theologisch korrekt. „Sehen Sie sich doch einmal hier auf dem Parkplatz um“, will ihn der Hilfsrabbi ermuntern. „Es stehen zwar nur zwei Autos herum, aber eigentlich ist es doch ganz schön. Versuchen Sie doch einmal darüber zu staunen, als sähen sie diese Schönheit wie beim ersten Mal.“ Auch Hiobs Gott bleibt jede Erklärung für das Leiden schuldig und verweist stattdessen auf die Schönheit und Größe der Schöpfung um ihn herum.
Es ist schon überraschend ausgerechnet von den oft für ihren Sarkasmus kritisierten Coens eine derart bibelfeste Auslegung zu erhalten. Aber sie wären nicht die Wegbereiter eines Kinos der Zitate und Metaebenen, wenn sie es bei der einfachen Leseart beließen. Während dem biblischen Hiob sowohl Familie, als auch Hab und Gut genommen wurden, und er dennoch auf dem Weg der Tugend blieb, reicht seinem „Nachfahren“ am Ende eine hohe Anwaltsrechung um ihn vom Weg der Tugend abzubringen. Mehr als Korruption und die Angst vor dem finanziellen Ruin braucht es scheinbar nicht, um dem Teufel vielleicht doch noch in die Arme zu laufen … Denn die Coens mögen bibelfest sein, aber an ein Hollywood-Ende glauben sie nicht.

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